FREIRÄUME FÜR JUNGE MENSCHEN ERHALTEN!
Aritkel von Linda Reinke und Anil Altun (der springende Punkt -Mitgliederzeitschrift der SPD Nürnberg Nov_2021)
Junge Menschen mussten in den letzten 1 ½ Jahren an vielen Stellen zurückstecken, haben sich nicht gesehen gefühlt und viele Hürden in ihrem Alltag gemeistert. Doch an aufatmen ist gerade nicht zu denken. Die schwierige Haushaltslage der Stadt zieht Kürzungen in vielen Bereichen der Jugendhilfe wie der Juugendverbandsarbeit nach sich. Im Oktober sollen junge Menschen gleich an zwei Orten ihren Aktivismus einstellen und sich aus dem Öffentlichen Raum zurückziehen.
Räumungsklage gegen das P31 – Solidarität mit dem selbstverwalteten Jugendzentrum
Schon länger ist bekannt, dass das P31 den Projekten einer Investmentfirma weichen muss. Die Suche nach einer Lösung scheint erfolglos. Die Nürnberger Mietpreise nicht vereinbar mit dem schmalen Budget eines Jugendverbandes.
Derzeit läuft das Verfahren zur Räumungsklage gegen das P31, welche die Existenz des selbstverwalteten Jugendzentrums gefährdet. Solidarität bedeutet hier Freiräume für junge Menschen zu erhalten, in denen sie sich frei von den Zwängen des Kapitalismus entfalten können und in flachen Hierarchien Verantwortung übernehmen können. Subkultur hat ihre Berechtigung im Stadtbild und dafür stehen wir an ihrer Seite, wenn sie jeden Samstag auf die Straße gehen.
Weihnachtsmarkt statt Klimacamp – nicht mit uns!
Seit mehr als einem Jahr steht das Klimacamp in direkt Nachbarschaft zum Rathaus. Eine dauerhafte Erinnerung, dass Klimaschutz auch in der Kommunalpolitik eine größere Rolle spielen muss, wenn wir eine Chance haben wollen das 1,5 Grad Ziel einzuhalten. Nun möchte die CSU, dass das Camp dem Weihnachtsmarkt weicht. Auch hier soll der Aktivismus von jungen Menschen dem Kommerz weichen.
„Nach einem Jahr gute Miene zu unserem Protest auf dem Sebalder Platz zeigt die Stadt ihr anderes Gesicht: Dass wir uns den öffentlichen Raum nehmen, um auf das wichtigste Problem unserer Zeit aufmerksam zu machen, wird uns nun mit absurden Auflagen gedankt. Verschiedene Pavillons werden verboten, die Verpflegung wird uns erschwert und die Wichtigkeit unserer Botschaft wird infrage gestellt. Gleichzeitig läuft die Stadt weiter wahnsinnigen Projekten wie dem Frankenschnellweg nach, weshalb unsere Forderungen jeden Tag an Gewicht gewinnen.“ - Klimacamp Nürnberg.
Fünf Prozent - In der Praxis viel mehr als eine kleine Zahl
Die im aktuellen Haushaltsentwurf vorgesehene Pauschalkürzung von fünf Prozent sorgt für große Sorge in der Jugendhilfe. Jessica Marcus, Geschäftsführerin beim Kreisjugendwerk Nürnberg, zeigt was diese Kürzung für den Jugendtreff Freiraum in der Nürnberger Südstadt bedeutet.
„Im aktuellen Haushaltsentwurf sind Kürzungen für alle Bereiche der Jugendarbeit vorgesehen, in denen die Stadt nicht durch vertragliche Regelungen zu den vollen Zahlungen verpflichtet ist. Hintergrund ist die prekäre Haushaltslage und das seit Corona knappe Budget.”, erklärt Jessica Marcus.
Betroffen ist unter anderem das Förderkonzept Offene Kinder- und Jugendarbeit des Kreisjugendrings Nürnberg-Stadt. Aus diesem Förderkonzept finanziert sich auch zu großen Teilen der Jugendtreff Freiraum. Seit Jahren steigt in diesem Stadtteil der Bedarf, ein Ausbau der Angebote und der Stellen des Jugendtreffs sind daher in der aktuellen Jugendhilfeplanung festgeschrieben. Seit Beginn der Covid-19-Pandemie spitzte sich die Lage im Stadtteil weiter zu. Das Team schaffte es mit zahlreichen Alternativangeboten, wie Online-Tutorials, den Kontakt zu zumindest einem Teil der Jugendlichen zu halten. Bei diesen zeichnete sich ein wachsender Hilfebedarf ab: mangelnde Unterstützung beim Homeschooling, hohe psychische Belastungen, die Konfrontation mit Verschwörungsmythen, sowie der Wegfall sämtlicher Freiräume erforderten vermehrte pädagogische Arbeit.
Der Zuschuss durch das Förderkonzept Offene Kinder- und Jugendarbeit beträgt für unseren Jugendtreff bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten. 93 Prozent der Gesamtkosten sind bereits Fixkosten, bestehend wie Personalkosten, Miete usw. Bereits jetzt müssen die Kolleg*innen mindestens 20 Prozent ihres jährlichen Budgets selbst erwirtschaften. Eine Reduzierung der ohnehin minimal bemessenen Mittel für den offenen Spielbetrieb, würde das Team arbeitsunfähig machen. Somit bliebe bei einer Kürzung nur der Schritt, über eine Stundenreduzierung der Mitarbeitenden nachzudenken. Die Folge wäre der Wegfall von dringend benötigten Öffnungszeiten und präventiven Angeboten. Führt das zu einer Einsparung im städtischen Haushaltsbudget? Kurzfristig: selbstverständlich. Langfristig: Kinder und Jugendlichen werden vermehrt mit ihren Problemen alleine gelassen, bekommen zu wenig Unterstützung bei Jobsuche, Ausbildung oder Schule. Schieflagen innerhalb der Familien bleiben möglicherweise unentdeckt oder die Jugendlichen finden keine passende Anlaufstelle, um sich anzuvertrauen. Eine deutliche Ausweitung der repressiven Angebote wird notwendig, die in ein paar Jahren jungen Erwachsenen sind möglicherweise nicht voll einsatzfähig im Job. Langfristig ist es eine Einsparung an der falschen Stelle.
Daher bitten wir alle Stadtratsmitglieder, die vom Kämmerer vorgeschlagene Fünf-Prozent-Kürzung im sozialen Bereich, explizit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zurückzuziehen und somit in unsere Zukunft zu investieren.
Die Jugendlichen des Jugendtreffs Freiraum erzählen in einem kurzen Videoclip, warum ihnen der Besuch des Jugendtreffs so wichtig ist und warum der Freiraum in dieser Form weiterleben muss. Das Video ist auf Facebook auf der Seite „Jugendtreff Freiraum“ und auf instagram @jugendtreff_freiraum zu finden.